Den Web-2.0-Prinzipien und -Merkmalen auf der Spur (Vlog Serie)

Wie und woran erkennt man, ob ein Web-Angebot webzweinullig ist? Genauer noch: Wie viel Web-2.0 steckt drin, und was nicht?

Eight Core Web 2.0 Patterns (Musser, O'Reilly 2007)

Diese Fragen beschäftigen mich schon seit über einem Jahr, denn für „Web 2.0“ gibt es keine klare Definition. Der Ausdruck bezeichnet etwas Neuartiges am Internet, das nicht technischer Natur ist und so viel Aufmerksamkeit weckt, dass von einer neuen Generation des Internet die Rede ist. Dieses Neuartige am sogenannten „Mitmach-Web“ liegt im Verhalten und in der Rolle der Anwender, nennen wir es Nutzungsinnovationen, und in den Möglichkeiten für neue Geschäftsideen; lassen Sie uns das Geschäftsmodell-Innovationen nennen. Die Andersartigkeiten von Web-2.0-Modellen werden oft als kontraintuitiv zu bisherigem Managementwissen empfunden oder von vornherein nicht verstanden.

Das Web-2.0-Paradigma wird es als eine Reihe von Wesensmerkmalen und Prinzipien beschrieben, z.B. den „Eight Core Patterns“ von Musser und O’Reilly 2007, die auch im Foto zu diesem Post auf den Karteikarten abgebildet sind.

Um diese Web-2.0-Prinzipien anschaulich zu machen und zu zeigen, wie sie in der Geschäftspraxis funktionieren, habe ich mich zu einem Entrepreneur aufgemacht, der als Internet-Unternehmer seit Jahren aktiv ist, Jörg Eugster, Geschäftsführer der OPAG Online Promotion AG. Diese betreibt u. a. www.topin.travel, www.swisswebcams.ch und www.webcams.travel, die als Erfahrungshintergrund in unserem Interview zur Sprache kommen. Bei einem Internet-Pionier vermutete ich, dass Web 2.0 in dessen Geschäftsmodellen vorkommt. Und so habe mich bestückt mit Karteikarten zu den acht Web-Patterns zum Interview aufgemacht, um diesen Prinzipien auf den Grund zu gehen. Folgen Sie also der Serie von Gesprächsausschnitten, und entdecken Sie mit mir, wo in Eugsters Internet-Business Web 2.0 in Aktion und Funktion zu sehen ist.

Hier im einführenden Video zunächst ganz frei, wie Jörg Eugster für sich Web 2.0 definiert (wer das Video startet hört, dass wir reden wie man das in der Schweiz ganz selbstverständlich macht: zunächst mal jeder die Sprache, die ihm oder ihr am nächsten liegt – solange die Gesprächspartner einem verstehen. Das kommt meiner Erfahrung nach auch ausserhalb der Deutschschweiz gut an und wirkt sympathisch; im letzten Drittel von Teil 3 der Vlog-Serie wechseln wir aber ganz ins Hochdeutsche.)

P.S.: Bei O’Reilly Media ringt man übrigens weiter damit, die Gestaltungsprinzipien von „2.0“ dingfest zu machen. Im Buch „Designing Social Interfaces“ (Malone, E.; Crumlish, Ch. O’Reilly media and Yahoo!Press, 2009) ist von Social Patterns und Anti-Patterns die Rede.

Kritik im Netz – aber nie unter die Gürtellinie (Teil 5 von 5)

Schliesslich kommt Bernd Schmitz in seinem Interview mit Jan Westerbarkey, dem Geschäftsführer der Westeflex-Gruppe, noch auf ein Bedenken zu sprechen, das viele Entscheider zögern lässt, sich in die weltweite Internetöffentlichkeit zu begeben. Nämlich ob man damit nicht schlechter Kritik, oder gar Mobbing, Tür und Tor öffnet. Ab Min. 18 hören wir, was Westaflex erlebt hat und wie das mittelständische Unternehmen damit umgeht.

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  • Kritik ist immer willkommen, ob intern oder öffentlich geäussert. Das ist die Grundlage für jede Art von ernst gemeintem Dialog.
  • Wir haben sicherlich den ein oder anderen Kommentar abgekriegt, z.B. „Viralkampagne von Westaflex stinkt“. Das war aber auch, weil wir Anfangsfehler gemacht haben.
  • Unsere Erfahrung mit dem Thema weltweite Internetöffentlichkeit ist: Das ging nie unter die Gürtellinie, es ist immer sachlich geblieben, wahrscheinlich auch, weil wir authentisch geantwortet haben und bei den Antworten nicht emotional geworden sind.
  • Natürlich gibt es auch Kunden, die beispielsweise sagen, entweder ihr löst diesen Kundendienstfall, oder ich schreibe mal was in so ein Bewertungsportal usw. Auch da wieder: All die Situationen, die denkbar sind, uns sind sie noch nicht passiert.  Wahrscheinlich weil wir sagen, … wir sind bereit dazuzulernen, wenn wir Fehler machen. Es muss eine Lernkultur das sein, ich denke, das ist das Entscheidende.
  • Ab Min. 22:40 zum Thema Mitarbeiter-Blog: Natürlich gibt es so etwas wie einen Ehrenkodex intern. Aber der hat nie zum Handeln Anlass gegeben. Denn wenn man den Mitarbeitern Vertrauen schenkt, dann machen die auch gar keinen Quatsch.

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Bewerbung 2.0 erwünscht, aber ohne Bewerber zu Googeln (Teil 4 von 5)

Die Web-2.0-Kultur soll auch mehr und mehr im Recruiting gelebt werden, sagt Jan Westerbarkey, der Geschäftsführer der Westeflex-Gruppe, (siehe Intro-Blogpost: Westaflex – Enterprise 2.0 im Mittelstand).

Im Gespräch, das Bernd Schmitz aufgezeichnet hat, erläutert er zwischen Min 14.10 und Min. 17:20, welche Möglichkeiten er gut findet und welche er ablehnt.

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  • Wir haben vor, dass Bewerber nicht nur einem Lebenslauf – meinethalben als PDF – schicken können, sondern ein ein- bis zweiminütiges Video von sich selbst. … So bekommt man ein Bild von einer Person und weiss, die passt mir auch menschlich, da bin ich geneigt, die mal einzuladen.
  • Wir möchten eins nicht, Bewerber die wir einladen vorher Googeln. Das möchte ich aus Prinzip nicht. … Ich möchte die Jugendlichen … frisch wie sie sind, am liebsten mit einem eigenen lebendigen Video, und mich interessiert nur insoweit die Historie als sie die Schul- und Ausbildung betrifft. Aber alles andere, da interessiert mich eigentlich mehr das Potential.
  • Wir haben eine sehr aktive Ausbildung. … Unsere Auszubildenden bloggen auch über ganz bestimmte Themen. Die meisten Auszubildenden sind verwundert, dass sie bei uns so viele Freiräume haben.

Von einem Pilotversuch mit Second Life in 2008 berichtet Westerbarkey dies (ab Min. 21):

  • Wir hatten eine eigene Insel. Dort gab es eine Erlebniswelt … die Verbindungsgänge waren röhrenartig gemacht. Dort haben wir ganz unabhängig von unseren Produkten Leute kennen gelernt, die bei uns später ein Praktikum gemacht haben, die gesagt haben: „So bekannt ist Westaflex ja gar nicht. Egal ob ich jetzt ein Ingenieurstudium mache oder Handwerker werde, die behalte ich jetzt mal im Auge.“ Das kann man wahrscheinlich nicht beziffern.

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Nicht von Adam und Eva neu erzählen müssen – Audio und Video Podcasts (Teil 3 von 5)

Zwischen Min. 8:00 und 14:00 des Videos sprechen Bernd Schmitz und CEO Jan Westerbarkey, der Geschäftsführer der Westeflex-Gruppe, (siehe Intro-Blogpost: Westaflex – Enterprise 2.0 im Mittelstand), über Audio- und Video-Podcasts im Unternehmen, wie es dazu kam und wofür diese dienen.

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Der Ursprung des Westaflex-Podcast-Blogs war eine Botschaft, die der CEO einem seiner Geschäftsbereiche eindringlich nahe bringen wollte: „Macht doch mehr elektronische Kommunikation – standardisierte Geschäftsnachrichten mit EDIFACT“.

  • Mit einem Audio-Podcast konnte er sagen, welche Software gibt es, welche Anwendungen und was sind die Vorteile: „Es gibt Interviews darüber, wie wir mit unseren Handelskunden direkt die Lagerbestände automatisiert abgleichen … .“
  • Es ist sicherlich ein zeitlicher Vorteil, dass wir bestimmte Dinge nicht immer von Adam bis Eva neu erzählen müssen, sondern wir können sagen: Hör dir den Podcast oder guck dir das Youtube-Video an (vgl. Westaflex Kanal auf Youtube). Schau dir bitte dort die Einbauanleitung zu einem bestimmten Produkt an, statt wie bisher das Handbuch dazu lesen zu müssen; das richtet sich auch an Kunden.
  • Ich glaube auch, wir erreichen neben den klassichen Kontakten Leute, die wir normalerweise nicht für einen Katalog begeistern können, um darin zu blättern, denn sie wollen nur eine ganz spezielle Seite sehen. Wir erreichen damit Leute, an die wir vielleicht auch nicht durch einen Newsletter gelangen würden. Die erreicht man durch Audio, weil sie sich zeitversetzt Dinge anhören, weiter lernen, wann es ihnen passt.
  • Auch in der Ausbildung werden Video-Podcasts eingesetzt, z.B. um die Möglichkeiten im Unternehmen vorzustellen: Video zur Ausbildung bei Westaflex.
  • Es ist eine Spreizung des Angebots, sagt Westerbarkey. Verschiedene Informations- und Kommunikationsströme (Blog, Twitter, Youtube, Audio-Podcast-Blog, Flickr) sind aktuell integriert auf der Website Westaflex Newsroom.
  • Wir lassen uns bei der Produktion gerne helfen, in diesem Fall sind es meistens kleinere  inhabergeführte Web-Agenturen … . Man hat nicht ein allzu ausführliches Storyboard, sondern man sagt: So und so möchte ich das gerne haben und diese Rahmenbedingungen gibt es – z.B. das Logo an einem bestimmten Platz. Ansonsten haben sie Freiheiten, was aber auch das Arbeiten miteinander angenehm macht. Ich könnte nicht mit einer allzu grossen Agentur arbeiten, mit mehreren Prototypen, Usability Studien und als Ansprechpartnern mehrere Art Directors.

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