Von einem der nicht auszog, sondern es anpackte, dem Unternehmen 2.0 zu lehren

Bei Bloggen gibt es ja nicht «Retweet» wie bei Twitter, sondern man verlinkt. Hier gebe ich ausnahmsweise eine Erfahrungsgeschichte im Volltext wieder, statt einen Link darauf zu setzen, denn sie zeigt, dass man mit Überzeugungskraft und Beharrlichkeit auch die 2.0-Skepsis im oberen Management aufzubrechen vermag. Das Zitat ist der Text in Gänze, der zur Ausgabe 3 des WissensWert Blog CarnivalIst die Unternehmensarbeitspraxis ein Kulturschock für die Net Generation?“ von Heiner abgegeben wurde.

Heiner kommentiert: „Ich bin ein Digital Native, Early Adopter, online seit 1995 und 28 Jahre alt. Seit 2007 arbeite ich in einer großen Unternehmensberatung. Vergangenen September habe ich vorgeschlagen, dass wir mit unserem Team doch bloggen könnten, mein Teamleiter, Mitte 30, war von dieser Idee sehr angetan, so dass ich auf eigene Kosten einen WordPress Prototyp eingerichtet habe.

Als wir diesen dann dem mittleren Management vorstellten, sahen wir Reaktionen, wie sie allenthalben beschrieben werden. “Nein, da muss die Kommunikationsabteilung eingebunden werden.” “Was passiert denn, wenn jemand das liest und einen Artikel kommentieren möchte?” “Also diese Entscheidung können wir nicht treffen, da muss die Geschäftsführung ran.” “Und wir müssen einen Prozess definieren, wie wir Artikel online stellen, Abnahme durch den Bereichsleiter und die Kommunikationsabteilung” …

Bis März hat sich vom Mittleren Management niemand mehr um das Thema gekümmert, mir ist dann der Kragen geplatzt und ich bin direkt auf die Geschäftsführung zugegangen. 4 Tage später kam das Go.

Seither bloggen wir, ein sechs Augenprinzip wird zur Qualitätssicherung angewandt und die Kommunikationsabteilung ist ebensowenig in die Freigabe eingebunden als der Bereichsleiter.

Wir sind damit weltweit in einem Unternehmen von 8.000 Mitarbeitern die ersten, zumindest die ersten Professionals die bloggen, da es in den USA schon einen Executive Blog gibt.

Die technische Ausstattung ist mir darüberhinaus ein Graus, IE6 von 2001, 2Mbit Internetverbindung, Facebook und Youtube gesperrt, kein IM und MS Sharepoint als neues rollenbasiertes Portal.

Geschrieben habe ich diesen Beitrag auf einem G1 im Arztwartezimmer, mein Chef lässt sich Powerpointslides ins Hotel faxen und faxt seine Kommentare zur Einarbeitung zurück.

Meine Generation steht an der Spitze der beginnenden Transition Phase, wir tolerieren keine langsamen Entscheidungen und fordern im Unternehmen die Tools ein, die wir aus unserem Privatleben kennen. Sowohl ältere Fachkräfte als auch das mittlere Management sind häufig überfordert, was sich in Kundenprojekten immer wieder bestätigt. Auf Geschäftsführungsebene trifft man jedoch immer wieder Persönlichkeiten, die genug Weitblick haben, um Enterprise 2.0 Initiativen zu unterstützen.

2 Kommentare zu diesem Artikel


  1. Urs Volkart schrieb:

    Das Lied kenn ich wohl. Ich gehöre zwar zu den „älteren Fachkräften“ und als Quality Manager zu den von Berufs wegen Konservativen. Aber am Einsatz von Web 1.5-Tools (soo irre ist ein Teamblog ja auch nicht) arbeite ich. Mangels Firmen-Webserver eben auch privat und selbstfinanziert. Ich habe deshalb auch bewusst auf eine ausgeklügelte Benützerverwaltung verzichtet (ihc traue den entsprechenden WordPress-Tools auch nicht so ganz). aufgrund der Öffentlichkeit dieses Blogs natürlich ohne Hinweis auf die Firma und die „Teamintimitäten“ teilen wir nach wie über das interne Dateisystem. Es ging mir mehr darum, auszuprobieren und zu zeigen, was denn so möglich wäre.

  2. Andrea Back schrieb:

    Der „Digital Native Spirit“ ist keine Frage des Alters, das haben Studien eindeutig belegt. Insofern können wir sicher sein, dass es vielerorts Personen gibt, die auch so handeln. Ich merke, wie schwierig es zu sein scheint, eingefahrene Arbeitsweisen in Frage zu stellen, wenn es darum geht, sogenannte „Collaborative Workspaces“ als Arbeitsinfrastruktur zur Nutzung zu bringen. Wir arbeiten gerade an einer Vorgehensweise, die anerkennt, dass z.B. die Einführung von Sharepoint nicht gelingt, wenn man meint, das Projekt sei mit der Software-Implementierung erfolgreich abgeschlossen – da fehlt noch die Implementierung in Kopf, Herz und Hand.

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